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Denkexkurs als PDF

Der aktuelle Denkexkurs von Dr. phil. Wilfried Grenz als PDF zum Download.

Denkexkurs 73

Es gab keine Chance, dem roten ‚F‘ zu entfliehen: In der Schule wurde bei jedem Vokalbeltest mein Blick darauf gelenkt, wo meine Schwächen sind. Das Glas war stets eben nicht ganz gefüllt, sondern es gab falsche Übersetzungen von mir.

Wenn ich darauf verwies, wo das Glas gefüllt ist und ich doch großartig bin, erfolgte sofort der zurechtweisende Hinweis: Wilfried, Eigenlob stinkt! Mein Eigenlob wurde verbunden mit Überheblichkeit, Arroganz und Selbstgefälligkeit.

Der Vokabeltest und andere Bildungserziehungsmaßnahmen haben Erfolge bei mir zu verzeichnen. Ich habe gelernt, dass sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich keine persönliche Schwäche oder Unvermögen zugeben werden darf, denn es gilt im Alltag der Lebens- und Aufgabenbewältigung ein kompetenter Held zu sein.

So entstand allerdings ein Disput nach innen in meinem inneren Team:

  • Der unterwürfige Ankläger in mir verwies darauf, dass ich ein Angeber sei, wenn ich meine Erfolge stolz in den Fokus rücke.
  • Der selbstbewusste Wilfried formulierte auf die Frage, ob er kein Feedback haben möchte, den Satz: Ich weiss, dass ich gut bin, dass bedarf nicht Ihrer Bestätigung!

Der Disput nach aussen entsteht, wenn ich aufstehe und für eine

‚Umwertung der Werte‘

eintrete. Ein von Friedrich Nietzsche im Jahre 1886 geprägtes Schlagwort als Bestandteil einer Strategie der Kulturrevolution.

Es ist heute mehr als deutlich: Das Streben nach ‚schneller, höher, weiter‘ oder ‚Mein Haus, mein Pferd, mein Segelboot‘ hat angesichts von Corona, Ukraine, Energiekostenexplosion, Lebensmittelpreissteigerungen ausgedient. Aber welche konkreten Werte sollen jetzt unser Leben prägen? So stehe ich nun zwischen Baum und Borke und brauche die soziale sowie kollegiale Unterstützung, um mit dem Dilemma klarzukommen.

Auf der Suche nach einem Weg daraus zukommen, fühle ich mich wie Bob Dylan, der im Jahr 1964 den Song ‚The Times They Are a-Changin’ schrieb. Eine Strophe daraus:

Ihr Mütter und Väter im ganzen Land - kritisiert nicht mit so viel Unverstand!
Eure Kinder sind nicht mehr in Eurer Hand. Euer alter Weg führt uns nicht weiter.
So sucht einen neuen oder lasst uns allein, denn die Zeit wird bald ganz anders sein.

Die Zeit ist jetzt im Jahr 2022 ganz real völlig anders als sie jemals zuvor war. Dringend brauchen wir Menschen, die mit uns neue Wege finden sowie diese Wege nicht nur im Kopf haben, sondern auch konkret mit uns gemeinsam in Taten verwandeln.

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